Ist
ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz einer permanenten
Videoüberwachung ausgesetzt, so stellt dies
regelmäßig einen unverhältnismäßigen
Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht
dar. Dieser rechtfertigt eine Verurteilung des Arbeitgebers
zu einer Entschädigung, da die Persönlichkeitsrechtsverletzung
andernfalls ohne Sanktion bliebe und der Rechtsschutz
der Persönlichkeit verkümmern würde.
Videokamera
beobachtet Arbeitnehmer
In
einem Prozess Hessischen Landgericht wurde vor einiger
Zeit folgender Sachverhalt verhandelt: Die Klägerin
ist als kaufmännische Angestellte beim Beklagten
beschäftigt. Dieser hatte gegenüber der
Eingangstür des Büros der Klägerin
eine Videokamera angebracht, die nicht nur auf den
Eingangsbereich, sondern auch auf den Arbeitsplatz
der Klägerin gerichtet war. Obwohl sich die
Klägerin gegen die Installation der Videokamera
gewandt hatte, hielt der Beklagte daran fest und
überwachte die Klägerin mindestens seit
Juni 2008 mit der Kamera. Mit ihrer im Oktober 2008
erhobenen Klage machte die Klägerin Schadensersatzansprüche
wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts
geltend. Der Arbeitgeber verteidigte sich im Prozess
damit, dass die Kamera nicht ständig in Funktion
gewesen und nur zur Sicherheit der Mitarbeiter angebracht
worden sei, weil es in der Vergangenheit schon zu
Übergriffen auf Mitarbeiter gekommen sei.
Das
Urteil und die Entschädigung
Das
Arbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung
einer Entschädigung von 15.000€. Auf die
Berufung des Beklagten bestätigte das LAG diese
Entscheidung zwar im Grundsatz, setzte die Entschädigungssumme
allerdings auf 7.000€ herab.
Warum
darf keine Videoüberwachung erfolgen?
Der
Beklagte muss der Klägerin eine Entschädigung
zahlen. Die Videoüberwachung
stellt einen unverhältnismäßigen
Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der Klägerin dar. Dem Beklagten wäre als
milderes Mittel auch eine Ausrichtung der Kamera
nur auf den Eingangsbereich des Büros möglich
gewesen. Es ist auch unerheblich, dass die Kamera
nicht ständig in Funktion war. Allein die Unsicherheit
darüber, ob die Kamera tatsächlich aufzeichnet
oder nicht, hat die Klägerin einem ständigen
Anpassungs- und Überwachungsdruck ausgesetzt,
den sie nicht hinnehmen musste, nachdem sie sich
bereits früh gegen die Installation der Videokamera
gewandt hatte.
Informationelle
Selbstbestimmungsrecht
Vorliegend
handelt es sich um eine schwerwiegende und hartnäckige
Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts,
die die Verurteilung zu einer Entschädigung
i.H.v. 7.000 € rechtfertigt. Die Zubilligung
einer Geldentschädigung bei einer solchen schweren
Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf
dem Gedanken, dass anderenfalls Verletzungen der
Würde und Ehre des Menschen häufig ohne
Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz
der Persönlichkeit verkümmern würde.
Bei der Entschädigung steht regelmäßig
der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund.
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Inforamtionen und Quelle: Hessisches LAG
PM Nr. 2 vom 26.1.2011