Nur selten beinhalten die Lehrpläne der Universitäten
digitale Kompetenzen in der humanmedizinischen Ausbildung.
Damit wird ein wichtiger Schritt in Richtung digitalisierte
Medizin schlichtweg ausgeklammert. Eine Chance bietet
das Studium der Medical Education. Lehrende könnten
hier darauf vorbereitet werden, den Bereich der
Digital Health vermehrt in das medizinische Curriculum
zu integrieren und in größerem Umfang
digitale Ansätze zu unterrichten.
Pixabay.com
©geralt
CC0 Public Domain
Durch die Digitalisierung der Medizin ergeben
sich neue Möglichkeiten zur Diagnose und Behandlung.
Die
Digitalisierung in der Medizin – viel Potential,
wenig genutzt
Die
Bedeutung der Digitalisierung nimmt auch im medizinischen
Bereich immer mehr zu. Neue Technologien können
Ärzte und medizinisches Fachpersonal bei der
Patientenversorgung entlasten und unterstützen.
Und sogar die Diagnosestellung können digitale
Technologien erleichtern. Im Report Medical
Education der Online-Arztpraxis ZAVA wird berichtet,
dass seit Beginn der Corona-Pandemie 41 % der befragten
Ärztinnen und Ärzte digitale Technologien,
Ansätze und Angebote nutzen. Darüber hinaus
ist es für 73 % der Klinikärzte und 44
% der Ärzte in Arztpraxen, die bisher keine
Online-Sprechstunden durchführen, denkbar,
diese anzubieten.
Von
den 19.000 Apotheken in Deutschland betreiben bisher
nur 150 aktiven Versandhandel. Dabei verfügt
jede fünfte Apotheke bereits über eine
entsprechende Lizenz.
Übrigens:
Am häufigsten werden die Möglichkeiten
von Digital Health im Bereich der Verwaltung genutzt.
77 % der Ärzte und führen elektronische
Gesundheitsakten. Telemedizin wird lediglich von
30 % der Ärzte und Ärztinnen eingesetzt.
Und mit nur 4 % Einsatz durch medizinisches Fachpersonal
und Ärzte bildet die Nutzung der virtuellen
Realität das Schlusslicht bei den digitalen
Innovationen.
Es
stellt sich die Frage, warum Ärztinnen, Ärzte
und medizinisches Fachpersonal so zögerlich
damit sind, die Vorzüge der Digitalisierung
trotz dem eindeutig vorhandenen Interesse nutzbar
zu machen. Selbst verhältnismäßig
leicht umsetzbare und dabei den Praxisalltag deutlich
vereinfachende Maßnahmen wie die Online-Terminvergabe
sind bei nicht einmal der Hälfte der Ärzte
möglich.
Die
Antwort ist einfach: Es gibt einfach noch zu viele
Wissenslücken im Bereich Digital Health. Darüber
hinaus sind noch viele gesetzliche Grundlagen unklar.
Schließlich spielen nicht zuletzt die Anerkennung
und Abrechnung durch die Krankenkassen eine wichtige
Rolle bei der Einführung digitaler Ansätze.
Und obwohl ein nicht unerhebliches Interesse an
digitalen Innovationen besteht, spielt Digital Health
noch immer eine eher untergeordnete Rolle in der
medizinischen Ausbildung. Und vielen Medizinern
fehlt schlicht die Zeit, um sich eigenständig
in die Thematik einzuarbeiten.
Digital
Health an Universitäten unterrepräsentiert
Auch
wenn immer mehr Universitäten Mittel und Wege
finden, Digital Health in ihr medizinisches Curriculum
zu integrieren, haben bislang nur wenige Studierende
die Möglichkeit, sich in speziellen Kursen
in den Themen weiterzubilden Dabei können die
neuen digitalen Technologien ihren kompletten Nutzen
nur entfalten, wenn das medizinische Fachpersonal
sie kompetent anwenden kann und über alle Möglichkeiten
informiert ist. Hier fehlt es sehr wahrscheinlich
nicht zuletzt an den Kompetenzen der Lehrenden,
für die der Themenbereich selbst noch relativ
neu ist. Eine entsprechende Ausbildung des Lehrpersonals
an medizinischen Fakultäten ist daher erforderlich.
Pixabay.com
©kamleshverm
CC0 Public Domain
Es ist wird immer wichtiger, den medizinischen
Nachwuchs in Richtung digitalisierter Medizin grundlegend
auszubilden, um die nächsten Schritte in Richtung
digitalisierter Medizin zu gehen.
Angepasste
Medical Education als Lösung?
Der
Studiengang Medical Education (MME) ist in Deutschland
noch relativ neu. Ziel der Ausbildung ist eine Professionalisierung
der medizinischen Lehre. Der Studienplan beinhaltet
Themen wie die Entwicklung von Curricula, Kommunikation,
Ausbildungsforschung, Fakultätsentwicklung,
Leadership und natürlich Lehre und Prüfungen.
Damit richtet sich der Studiengang nicht nur an
Mediziner und Medizinerinnen, sondern an alle Interessierten
aus dem Bereich der Gesundheitswissenschaften sowie
Menschen aus Pflege- und Therapiewissenschaften,
die in Lehre und Ausbildung tätig sind oder
tätig werden wollen. Dabei soll das Studium
der Medical Education nicht nur für bessere
individuelle Qualifizierung sorgen, sondern das
Netzwerk und den Stellenwert im Bereich medizinischer
Lehre grundsätzlich stärken.
Bedingt
durch Ausrichtung, Ziel und Aufbau der Ausbildung
ist die Medical Education eine wichtige Schnittstelle,
um die Digitalisierung in der Medizin voranzubringen.
So könnte beim Thema Curricula-Entwicklung
verstärkt in Richtung digitalisierte Medizin
gegangen werden. Denn Ärzte brauchen besondere
Kompetenzen in Hinsicht auf eine digitale Zukunft.
Dazu gehören beispielsweise Kenntnisse in den
aktuellen digitalen Entwicklungen, und ein Verständnis
für die Funktionsweise neuer Technologien ebenso
wie Fertigkeiten in der digitalen Kommunikation
und der Interpretation digital aufbereiteter Daten.
In
der Praxis würde eine verstärkte Lehre
im Bereich Digital Health an unterschiedlichen Problembereichen
ansetzen. Die praktische Anwendung und problemlösungsorientierte
Unterrichtskonzepte könnten beispielsweise
eine digitale Arzt-Patienten-Kommunikation, den
Einsatz von Smart Devices und Medizin-Apps
beinhalten. Des Weiteren bildet die sogenannte Telemedizin
einen wichtigen Schwerpunkt. Denn durch sie wird
eine bessere Versorgung von Patienten und Patientinnen
in ländlichen und strukturschwachen Gegenden
möglich.
Zudem
ist die Medical Education bestens dafür geeignet,
neue Arbeitsfelder neben den traditionellen Berufen
im Care System zu erschließen, zu formen und
zu etablieren. Denkbar ist die Ausbildung auf medizinische
Technologien und Produkte spezialisierter Ärzte,
die in Tech-Firmen auf neue Prozesse, Denkweisen
und digitale Anforderungen angemessen reagieren
können.