LAG Berlin-Brandenburg 18.6.2010, 6 Sa 271/10: Ein
Anspruch auf Entschädigung wegen Mobbings,
setzt – in Anlehnung an § 3 Abs. 3 AGG
– voraus, dass eine Gesamtschau verschiedener
Vorgänge erkennen lässt, dass diese in
einem inneren Zusammenhang gestanden und dazu gedient
haben, die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen
und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen,
Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen
gekennzeichnetes Umfeld zu schaffen.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter von
drei Kindern. Sie ist seit 1992 bei der Beklagten
als Senior Consultant beschäftigt und arbeitete
aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahre 2001 überwiegend
von zu Hause aus. In den Jahren 2002 und 2003 unternahmen
zwei Vorgesetzte der Klägerin insgesamt drei
Versuche, diese Vereinbarung zu widerrufen. Im Dezember
2003 wurde schließlich eine Weiterführung
der Telearbeit vereinbart, wobei die Klägerin
verbindlich zusicherte, an zwei Tagen pro Woche
im Büro anwesend zu sein.
Ab Herbst 2007 traten bei der Klägerin erhebliche
Fehlzeiten auf; seit dem 9.2.2009 ist sie durchgehend
arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit ihrer
Klage begehrte sie die Zahlung von Schmerzensgeld
und Schadensersatz wegen Mobbings. Zur Begründung
führte sie aus, dass ihre Fehlzeiten auf posttraumatischen
Belastungsstörungen beruhten, die auf Mobbing
ihrer Vorgesetzten insbesondere im Zusammenhang
mit dem Streit um die Telearbeit in den Jahren 2002
und 2003 zurückzuführen sei.
Die Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als
auch vor dem LAG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz
immateriellen oder materiellen Schadens wegen Mobbings.
Es ist nicht erkennbar, dass die von ihr beanstandeten
Vorgänge Verletzungen der Pflicht der Beklagten
zur Rücksichtnahme auf ihre Persönlichkeit
und Gesundheit darstellten.
Insbesondere der wiederholte Versuch, die Telearbeitsvereinbarung
mit der Klägerin zu widerrufen, stellte keine
die Klägerin herabwürdigende Behandlung
dar. Sie diente vielmehr erkennbar dazu, im Interesse
einer effektiven Aufgabenerledigung die Präsenz
der Klägerin im Betrieb zu erhöhen. Ein
Schikanecharakter oder eine Zermürbungstaktik
war darin nicht zu erkennen. Zudem muss ein Arbeitgeber
Personalmaßnahmen grundsätzlich auch
einmal versuchen dürfen.
Auch die von der Klägerin angeführten
kritischen Äußerungen ihrer Vorgesetzten
können den Mobbing-Vorwurf nicht stützen.
Nicht jede unberechtigte Kritik, überzogene
Abmahnung oder gar unwirksame Kündigung stellt
gleichzeitig auch eine Persönlichkeitsverletzung
dar. Im Übrigen lagen die von der Klägerin
vorgetragenen Vorgänge teils Jahre auseinander
und eine Gesamtschau lässt nicht erkennen,
dass die Vorgänge in einem inneren Zusammenhang
gestanden haben. Es auch nicht ersichtlich, dass
die Vorgänge dazu dienten oder auch nur geeignet
waren, die Würde der Klägerin zu verletzen.
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Quelle: LAG Berlin-Brandenburg online